Blog 8
Tag 8
Die erste Woche ist geschafft - und sie ist wesentlich angenehmer gelaufen, als ich es mir zuvor ausgemalt habe.
Liegt wahrscheinlich an dem charmanten Team des Hauses, welches herrlich unaufgeregt und durchgehend freundlich positive Unterstützung bietet.
Auch die drei Damen und zwei Herren am zugewiesenen Tisch 38 sind bei allen Mahlzeiten angenehm. Wir plaudern und geben gegenseitige Hinweise - ohne direkt zu persönlich zu werden. Genau meine Welt.
Zur Feier des Tages wurde ich mit drei Sporteinheiten beehrt.
Selbst diese Aufgaben meistere ich aktuell ohne grossen, inneren, Widerspruch. Man kann über 40 Minuten Programm in der Sporthalle lächeln, wenn die Teilnehmer sich dort einen Schaumstoffvolleyball zupritschen sollen - aber es ist ein Anfang zu erneuter, vielleicht zunehmnender, aber auch jeden Fall erhoffter, Beweglichkeit. Auch beim Ausdauertraining, welches ich bereits um 07:10 Uhr für eine Stunde (und somit erneut vor dem Frühstück) zu absolvieren hatte, finde ich Gefallen am Laufband und dem Crosser - und zusätzlich nun auch noch an ein paar Muskelaufbaugerätschaften.
Sollte ich doch noch zum Befürworter einer Muckibude werden?
Um kurz nach 07:00 Uhr angefangen und achteinhalb Stunden später noch einmal auf das Fahrrad ohne Räder. Der Radiosender war heute nicht besonders hilfreich - oder war es die vorhergehende Entspannungsveranstaltung mit einer Körperreise, die meinen Tagesabschlusselan hemmte?
Sowas sollte optimal im Therapieplan zeitlich eingemarkert sein: eine wunderbare Veranstaltung, um direkt in den hübschen Liegesesseln einzuschlafen.
Vom Sicherheitsbeauftragten der Gewerkschaft in der Abfallentsorgung von New York habe ich heute recht wenig gesehen. Überhaupt scheint er eher wenig, bis gar nicht, an irgendwelchen Angeboten des Hauses teilzunehmen. In seiner Hand sah ich bisher auch noch nicht ein eigenes Therapieheft. Allein der Ballonseidejogginganzug lässt darauf schliessen, dass Tony Soprano in der Klinik ein ganz normaler Kurgast sein könnte! Aber was ist in der heutigen Zeit noch normal.
Meine jahrelange Aversion gegen Jogginganzüge muss ich übrigens mal überdenken: komme hier kaum noch aus meinem entsprechenden Neuerwerb raus!
Erst am Abend kleidete ich mich mal wieder zivil: um meinen Wagen zur Werkstatt zu bringen - das bestellte Ersatzteil soll morgen eingebaut werden. Auch in der Nähe des Industrieviertels von Bad Rothenfelde habe ich nichts von Tony zu sehen bekommen.
Hatte kurz überlegt, ob ich das Cabriodach auf dem kurzen Weg zur Werkstatt öffne. Das Wetter hätte es hergegeben. Die Witterung änderte sich, als ich den Fussweg zurück zur Klinik (oder zumindest erstmal in das Ortszentrum) angetreten habe. In ausreichender Entfernung zum abgestellten Wagen (mit abgegebenen Schlüssel) setzte ein sehr umfangreicher und nicht zu verachtender Regenschauer ein. Ich lächle dem Regen entgegen - was will die Witterung einem Sportler denn anhaben!
Eine Woche Kur zeigt erste ernsthafte Erfolge. Zwar passt die Kleidung noch (hätte ich den Jogger nicht besser direkt ein, zwei Nummern kleiner kaufen sollen?), aber die Beweglichkeit hat deutlich zugenommen und von den ersten drei Kilos habe ich mich bereits verabschiedet. Den Tomaten und Gurken zu allen Mahlzeiten sei Dank. Belohne mich am Abend mit einer Literflasche vom frischabgefüllten Mineralwasser. Doch, doch, das Leben kann so leicht sein...… - oder auch nicht!
Die Kur ist besser als erwartet und ich komme Tony Soprano auf die Schliche. Was für ein spannendes Leben!