Blog 7
Tag 7
Heute wäre (oder sagt man "ist"?) der 95. Geburtstag von dem grossen deutschen Entertainer Harald Juhnke. Schon beim Eintreten in den Frühstücksraum, nachdem ich zuvor bereits eine Ergometereinheit absolviert hatte, summe ich seinen Erfolgshit "Barfuss oder Lackschuh“ schmunzelnd vor mich hin.
Tony Soprano steht an der Kaffeemaschine neben mir und fragt in seinem etwas dürftigen DeutschEnglischKauderwelsch, was das für ein Song wäre. Spätestens als ich ihm von Juhnkes Verbundenheit zu seinem Idol Dean Martin erzähle, ist der alte Capo zufrieden. Er schlägt mir anerkennend auf die Schulter - was zur Folge hat, dass ich nur noch eine halbe Tasse Kaffee zum Frühstückstisch trage.
Zum Start in die zweite Kurwoche darf ich um 07:10 Uhr für 20 Minuten eine Wärmepackung geniessen. Den Job der Terminkoordination möchte ich für 206 Menschen nicht übernehmen - aber es fühlt sich merkwürdig an, direkt nach der nächtlichen Bettruhe sich auf eine Wärmematte zu legen. Es folgen auf meiner Terminliste bis zum Mittagessen erneut zwei Sporteinheiten. Die Wärmepackung hätte ich danach sinnvoller geniessen können. Aber - ich will nicht undankbar sein.
Lerne meine Gesprächsgruppe kennen, mit der ich mich nun mehrfach zu den gewichtigen Themen zwischen Genuss und Unvernunft austauschen werde. Männer und Frauen. Mehrere Kulturkreise, unterschiedliche Berufsgruppen (u.a. treffe ich Pazifist auf zwei altgediente und aussortierte Bundeswehrsoldaten) und ein Mitte-20-jähriger, der in der Vorstellungsrunde direkt mal die unterschiedlichen Sichtweisen der Generationen anspricht - nachdem sich vorher vier Menschen zwischen Anfang 50 und Mitte 60 vorgestellt hatten. Da nehmen meine gestrigen Kotzkrämpfe sofort wieder Fahrt auf. Andererseits ziehe ich sehr schnell den imaginären Hut vor dem Jungspund, der hier ist, um nicht rückfällig zu werden - nachdem er sein Körpergewicht vor vier Jahren bereits schon einmal halbiert hat. Und selbst die Hälfte liegt noch im dreistelligen Bereich.
Für Tony (zumindest in der Biographierevue) und mich wird es noch zu einem Tag der Entspannung. Mit seinem jüdischen Kumpel Hesh Rabkin schaut er sich dessen Pferdezucht an und geniesst das Durchatmen - jenes Durchatmen, welches ich in den nächsten Wochen (nach Jacobsen) erlernen soll. Schon bei der Vorstellung der Entspannungseinheiten verfalle ich mehrfach in frühe Mittagsnickerchen. Die Dozentin weisst in ihrem Vortrag auch darauf hin, wie man mit schnarchenden Kursteilnehmern umgeht. Leichte Körperberührungen wären angebracht - das Werfen etwaiger Gegenstände allerdings nicht angemessen. Das wird bestimmt eine feine Erfahrung!
Es ist übrigens nicht nur der 95. Juhnke-Geburtstag, sondern auch der anfänglich benannte Tag, an dem die Welt über das Schicksal von Tony Soprano 2007 im Ungewissen gelassen wurde - der 10. Juni. 17 Jahre ist das her. Zu der Zeit starb mein Vater und ich war wenige Wochen vor der Tätigkeit im heimischen Brauchtum, die mich anschliessend in meine erste Reha-Auszeit katapultierte. Als ich beim Abendessen am Teewagen wieder auf Tony Soprano treffe, gratuliere ich ihm zu 17 Jahren Leben im Untergrund. Anerkennend schlage ich ihm auf die Schulter...
Bevor irgendwelche TV-Serien die Geschichte weitererzählen - hier gibt es die aktuellsten Infos!
Soundtrack zum Blog auf Spotify:
mit tony soprano in bad rothenfeld