Blog 25
Tag 25
Hole nach dem Abendessen den nächsten und letzten Wochenplan aus meinem Klinikpostfach. Schlussendlich ist es auch nur noch ein Tagesplan. Kommenden Montag habe ich vier Einträge: ein (Abschluss-)Gespräch, zwei Sporteinheiten und die Erinnerung, dass ich am Abend das Therapieheft und ein paar Nebenvereinbarungen an dem Pflegestützpunkt (so nennt man hier das Schwesternzimmer)einzureichen habe - und das war es dann.
Dafür wurde mir heute ein gut gefüllter Tag beschert, der mich von 08:00 Uhr in der Früh, bis um 16:00 Uhr mit Terminen auslastete.
Keine Ahnung, wann ich zuletzt an einem Freitag noch um 16:00 Uhr gearbeitet habe.
Hatte dabei sogar gegenüber des Physiotherapeuten ein schlechtes Gewissen - wir waren uns sicher, dass wir die letzten Aktiven an diesem Tag im Haus waren.0
Es war noch eine Einheit für, bzw. gegen die Hüftschmerzen.
Wenn ich gewollt hätte, hätte mir allein für die Einheit das Schwimmbad zur Verfügung gestanden. Obwohl ich sogar meine Schwimmkleidung bereits angezogen hatte, bat ich den SympathiePhysio, ob ich nicht lieber noch einmal auf die Folterbank vom Vortag dürfe. Was gestern der rechten Seite zu einem schmerzfreien Heilungsprozess geholfen hat, müsste doch heute auch linksseitig möglich sein.
Die Tipps für die Wassergymnastik hole ich mir dann in der Heimat - wenn ich einen entsprechenden Anbieter finde.
Die Streckbank waltet eine Viertelstunde ihres Amtes - mit einem Zug von 15 Kilo auf die Hüfte.
Was ich gestern, trotz der hypochondrischen Zustände, als angenehm empfand, brachte mich heute an meine Grenze. Empfand den Einsatz als leicht schmerzhaft - im Zug.
Allerdings lag ich erneut alleine in der Folterkammer, sodass mir niemand hätte helfen können.
Selbst als die 15 Minuten vorbeiwaren, konnte ich dem Wunsch des Therapeuten nicht folgen. Aufstehen war nicht möglich: meine angewinkelten Beine waren noch kräftig kreppfixiert. Er liess mich frei - weil auch er Feierabend haben wollte.
Den Therapietag begann ich mit dem Psychologengespräch, auf das wir uns in der ersten Woche vereinbart hatten. Wir plauderten über die gute Betreuung im Haus, über die Anwesenheit von Tony Soprano in Bad Rothenfelde, über den glorreichen BVB und über das Museum der Unschuld von Orhan Pamuk.
Nebenbei ging es auch um meine Zukunftsplanung und wie ich die ersten Tage in der Heimat angehen werde. Der ebenfalls freundliche, junge Psychologe wünschte mir viel Glück für den Übergang in die Realität und für das weitere Leben.
wird bestimmt in vier Jahren noch hier tätig sein, wenn die Erstbesetzung von Tisch 38 erneut gemeinsam zu Gast sein wird.
Um in die Klinikrealität zu kommen, darf ich nach dem Wohlfühlpsychologentermin für eine Stunde in die Fitnesshalle. Hatte da bereits die Befürchtung, dass es eventuell meine letzte Einheit dort werden könnte - der Therapieplan für den kommenden Montag sagt dankenswerterweise etwas anderes! Nehme an allen Geräten eine adäquate Erhöhung vor - und bin zufrieden damit. Während ich auf meinem geschätzten Crosstrainer die Aufwärmrunde strample, fällt mir ein Neumitglied der Klinikgemeinschaft auf.
Südländischer Typ, Ende 40 bis Mitte 50, Ballonseidejogginghose, Trägershirt in Farbton der Hose (aber zum Glück nicht im selben Stoff), rasierter Kurzhaarschnitt.
Eigentlich möchte ich dem Mitpatienten gar nicht zu nahe treten - aber er strotzt vor augenscheinlicher Dumpfheit.
Frage mich, ob sein Aufenthalt überhaupt vom Rententräger finanziert wird - oder, ob er zu Tonys Leuten gehört. Was ich mir wiederum nicht vorstellen kann, da er auf dem Fitnessgerät sehr unprofessionell erscheint. Er erinnert eher an ein rammelndes Kaninchen - im Batteriebetrieb.
Die Einheit im Fitnessraum ist auf 60 Minuten angelegt. Nach der fixen Startrammlung bricht der Neuling das Ausdauertraining nach 20 Minuten ab. Man könnte so viel dazu sagen. . .
Beschäftige mich erneut mit dem Nachsorgeprogramm. Augenscheinlich soll man sich im heimischen Bechelte Park sogar auf eine Reha-Zeit festlegen - was nicht meinem Freigeist entspricht! Habe in der kommenden Woche beim Fitnesscenter meiner Hood durchaus ein paar Nachfragen.
Nach dem Sport und vor dem Mittagessen werde ich bei 28 Grad Aussentemperatur mit einer Wärmepackung belohnt - und nach dem Mittagessen (Freitag ist Fischtag) geht es zügig zum Fahrrad ohne Rad. Auch hier gebe ich erst am Montag meinen Ausstand.
Statt, wie andere Insassen auch, anschliessend in das Wochenende zu gehen, gibt es für die VOR-Bezugsgruppe ein letztes Achtsamkeitstraining: bewusstes Essen!
Wir hatten bereits vorgestern in der Lernküche die Erdbeerbegegnung - man kann sich aber locker fünf Minuten mit noch kleineren Lebensmitteln beschäftigen.
Es gab zur Bewusstmachung für jeden eine - Rosine.
Bei jedem berechtigten Lächeln: es ist erstaunlich, wie bewusst man sich mit diesem kleinen Alt-Obst beschäftigen und was man bis zum Verzehr alles wahrnehmen kann!
Falls ich in meinem Leben noch einmal ein Buch schreiben werde, hat es gute Chancen, Rosinen werfen Schatten betitelt zu werden!
Meine Zeit wird knapp in Bad Rothenfelde. Wer ist diese neue Dumpfbacke und wie bekomme ich raus, warum Tony Soprano, der Capo von New Jersey, hier anzutreffen ist!? Das Wochenende bringt vielleicht ausreichend Ruhezeit und Klärungsmöglichkeiten!