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blog 23 / tag 23: mit tony soprano in bad rothenfelde

Autorenbild: sven söhnchensven söhnchen



Blog 23

Tag 23

 

Es ist nun endgültig die Abschlussphase der Kur-Zeit eingeläutet. Nicht nur, dass ich im Postfach bereits den Abschlussbogen vorfand (diesen muss ich am Vorabend der Abreise ausgefüllt abgegeben haben) - das deutlichste Zeichen war der leere Platz von Cethlen an Tisch 38.

Meine längste Kurbegleitung durfte heute bereits den Heimweg nach Hannover antreten. Wir hatten uns bereits gestern Abend voneinander verabschiedet, da wir ahnten, dass es zum Frühstück heute nicht klappen wird. Hoffe, dass ihr Gatte vorbildlich gehandelt hat: und die weitverbreitete Süssigkeitenschublade grosszügig entsorgt hat. Dem Herrn steht in 14 Tage seine eigene Kur ins Haus - da könnte sich seine Frau gegebenfalls böse rächen!


Hatte, zu Ehren von Cethlen,gestern meine Spotify-Liste (https://open.spotify.com/playlist/7itAl2v2BjTnouVWpTCCih?si=899c06d565e7418f)

angepasst: Was wird aus Hannover (wenn die Scorpions nicht mehr sind)!? Der Thees-Uhlmann-Klassiker im Duett mit Fury in the Slaughterhouse.

Eine Hymne!

Hatte daran angeschlossen auch nach Lieder aus den Heimatregionen der anderen Tisch-38-GenossInnen geschaut - aber OWL, Bremen und Kassel sind nicht die Epizentren der deutschen Musik. Gut, dass Christian aus der Grenzregion des Münsterlandes zur niederländischen Grenze kam: da hat man Herrn Lindenberg durchaus im Bereich der Möglichkeiten!


Ab dem Mittagessen übernimmt Steffi vom Bodensee den freigewordenen Platz. Werde also auch für ‚'die Neue'‘ ein Liedchen finden müssen/dürfen/wollen.


Am Tisch 38 gibt es eine neue Entwicklung - es gibt eine Fraktion der Sprüche-T-Shirt-Träger. Die Beiden übernehmen die Erprobung der diversen Bad Rothenfelder Gastronomiebetriebe. Kulinarisch scheint hier mehr los zu sein, als mir bisher bekannt war. Selbst polnische Küche wird irgendwo angeboten. Rest-Tisch-38 wird bei den Mahlzeiten über die neuesten Gastroalternativen zu Tomate/Gurke/Quark bestens informiert.


Lobte ich bereits gestern den Physiotherapeuten? Nach meiner frühmorgendlichen Stunde in der Fitnesshalle (Crosstrainer & Co.) band er mich und meine Hüfte auf einer folterbankähnlichen Streckliege fest. Den Rest übernahm die Automatik. Festgeschnürrt lag ich für einen, mir unbekannten, Zeitraum in einer Abstellkammer. Sprach ich schon mal von dem Hypochonder in mir!? Dieser hatte jetzt nicht nur einen kurzen Moment, sondern wenigstens 20 Minuten, um seine Hysterie blümerant auszuleben!

20 Minuten, die sich im Tagesverlauf als goldwert herausstellen sollten. Der Schmerz lässt deutlich nach!

Möge man mich weiter an merkwürdige Maschinen fesseln!


Habe noch kurz Zeit für ein Frühstück und mache mich dann auf den Weg zur zweiten Einheit in der Lehrküche. Mit der Kollegin Marianne, mit der ich vergangenen Woche bereits den Salat so hervorragend schnibbelte, zauberte ich heute eine Karotten-Ingwer-Suppe. Das Hauptthema waren Speisen, die man mit zur Arbeit nehmen könnte. Wieder wurde in Zweiergrüppchen diverse Speisen hergestellt und anschliessend in der Gruppe gemeinsam verzehrt. Hier passte eine neue Abwegigkeit in mein kulinarisches Erleben.

Eigentlich kam ich mir vor, wie der grosse  Anthony (wieso heissen die Menschen, die mich hier inhaltlich begleiten Anthony?) Bourdain, wenn er in einer Strassenküche von Kalkutta, gekochte Froschhoden  probiert. Nicht, dass es im Osnabrücker Land (offiziell) gekochte Froschhoden gibt, aber in meiner persönlichen Vorstellung sind sie auch nicht schlimmer als irgendein Käse. Dennoch traue ich mich beim Pesto-Nudel-Salat an den Mozzarella und bei den vegetarischen Wraps an den Hüttenkäse.

Was macht diese Kurklinik mit mir!?


Nebenbei geht es in der Lehrküche um die kleine Schule des Geniessens. Alle fünf Sinne sollten angesprochen werden - was ich gut finde. Aber ob ich die Auffassung der jungen Dozentin zur Aussage ‚'Genuss ist Askese'‘ teile, weiss ich noch nicht!


Zum therapeutischen Tagesabschluss folgt eine Lektion in Achtsamkeit. Man möge sich einen schönen Ort am Fluss vorstellen, an dem man die vorbeischwimmenden Blätter mit seinen Sorgen und Nöten bestücken kann - auf das diese einen nicht mental zermürben. Um ehrlich zu sein: bei der Aufforderung an einen schönen Ort am Fluss zu denken - schlummerte ich bereits weg!


Um 14:30 Uhr machte ich mich auf den Weg, um Tony Soprano im Haus zu suchen. 15 Minuten später sassen wir gemeinsam im geöffneten Cabrio und fuhren zu meiner Tante ins nahe Preussisch-Oldendorf.

Die Zwillingsschwester meiner Mutter hatte bereits von Tony gehört und ich hatte ihm weitere Damen aus meinem persönlichen Umfeld versprochen.

Die Beiden waren sich sympathisch.

Im Gegensatz zu Tonys Mutter Livia und seinem Onkel Junior merkte das amerikanische Familienoberhaupt, dass Senioren auch freundlich sein können.

Meine Tante tischte aber auch den Klassiker auf: auf dem sonnigen Balkon gab es Kaffee und frischen (frisch gekauften) Kuchen.

Es gab im Vorfeld kein Gespräch innerhalb unserer Familie, zu dem Sinn und Zweck meines Kuraufenthaltes - ich nahm den Kuchen und verzichtete später auf das Abendbrot!

Tony verzichtete auf gar nichts - Askese ist kein Wort in seinem Sprachschatz.


Wobei wir nochmal bei der Ernährung wären. Sollten meine Tisch-38-Gourmets ein Restaurant in Bad Rothenfelde entdecken, in dem es gekochte Froschhoden gibt, werde ich hier ausführlich darüber berichten - und mich direkt in Askese begeben. Oder wie heisst der Zustand bei einer schwallartigen Entleerung des Magens entgegen der natürlichen Richtung?

 

 


 

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