Blog 10
Tag 1o
Eine meiner Lieblingsszenen aus der mehrteiligen Dokumentation über das Leben der Familie Soprano hatte ich schon beschrieben: bereits in Folge 1 der ersten Staffel geht Tony Soprano in den Pool seines Hauses, um der Entenfamilie nah zu sein, die diesen bereits länger frequentiert - zu seiner sichtbaren Freude. Er schreitet in seiner Schlafkleidung (Boxershort & Feinrippshirt), ergänzt durch den offen getragenen Bademantel in das Becken und steht dort beobachtend rum. Eine wunderbare Szene.
Prinzipiell muss mal geklärt werden, wer diesen grossartigen und würdigen Kleidungsstil entwickelt hat: Tony persönlich oder der grosse Jeffrey Lebowski? Prinzipiell läuft Mann so noch immer viel zu wenig durch die Gegend.
Mir bot sich am Vormittag die Chance - als ich mit dem Taxi zur erste Wassergymnastik in eine andere Klinik gefahren wurde. Solange in der hiesigen Kurklinik das Schwimmbad noch nicht wieder eröffnet ist, werden einzelne Anwendungen auf andere Einrichtungen verteilt.
Es erinnert etwas an das Leerschwimmbecken meiner Grundschule - nur insgesamt etwas verlebter. Es wäre ein guter Ort gewesen, um den Tony-Style auszuprobieren. So ging es in meiner 15 Jahre alten BVB-Schwimm-Short (zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nichts von der miesen Borussen-Nachricht des Tages) in das Becken, wo die fachkundige Animateuse...also die Physiotherapeutin..., mit insgesamt fünf Teilnehmern eine halbe Stunde Wassergymnastik vollzog. Alles passend mit den Partyfussballhymnen der letzten Jahre, die sie extra vorbereitet hatte. Meine Vorfreude war vorhanden: immerhin hatte ich von einer Bekannten in der Heimat unlängst erfahren, wieviel Freude Wassergymnastik bringt. Bei ihr waren auch mittlerweile sehr deutlich die Erfolge zu bemerken.
So ein bisschen Geplansche kann ja nicht schwer sein - dachte ich mir. Dachte ich mir...fälschlicherweise.
Beispielsweise waren, während man im Wasser hüpfte, der linke Arm nach oben und unten zu strecken und der rechte Arm im Wasser zu kreisen. Was sich anhört, wie das Zusammensetzen vom Motoriksteckspielzeug im Kindergarten, ist eine Leistung, die mein Körper ebensowenig versteht, wie der Crosswalk im Wasser - rechter Arm und linkes Bein nach vorne und dann im Wechsel schreiten! Wieso kann ich das nicht? Die Anleiterin hat ihren Spass und erzählt was von der Freude meines Gehirns, eine neue Aufgabe gefunden zu haben! Habe ich ein Gehirn?
Zurück in der Klinik folgt die zweite ärztliche Visite. Die nette Assistenzärztin ist mit einer Assistentin vor Ort und der Oberarzt kommt erst dazu, als ich bereits durchdiagnostiziert wurde. Man teilt meine Freude über den Gewichtsverlust und fordert mich auf, doch mal etwas an der Watt-Leistung auf dem Ergometer zu schrauben. Werde ich dann mal ab morgen angehen. Bei der heutigen Einheit zum Kliniktagsende, war mir das noch zu früh.
Herr Soprano tauchte spät zum Mittag im Speisesaal auf. Er wirkte genervt und sorgte für einen kleinen Eklat. Einer der Neuankömmlinge ranzte eine Dame vom Servicepersonal an. Hier versteht Tony wenig Spass - die Dame steht augenscheinlich unter seinem persönlichen Schutz. Es können nur zwei, drei Worte gewesen sein, verbunden mit diesem drohenden Soprano-Blick und einem schwerfälligen Atem, die dafür sorgten, dass der junge Mann rasch aufstand, sich bei der Mitarbeiterin entschuldigte und recht zügig den Speisesaal verliess.
Auch an Tisch 38 gab es im Speiseraum heute eine Veränderung. Beim Frühstück verabschiedete sich mein sympathischer Sitznachbar aus dem Münsterland und wurde zum Mittag durch eine neue Patientin ersetzt. Der Männeranteil an Tisch 38 schwindet.
Was war die Besonderheit an dem bedrohlichen Soprano-Atmen? Es wirkt, wie ein Bulle in den Sekunden, bevor er den Torero aufspiesst! Eine ähnliche Geräuschkulisse fabriziert meine Kerngruppe bei einem Achtsamkeitsseminar zur vermeintlichen Kaffeezeit. Folgen Sie ihrem Atem, sagte der Dozent mit der sehr ruhigen Stimme. „
"Es ist nicht schlimm, wenn sie gedanklich abweichen - aber sobald es ihnen bewusst wird, kehren Sie zu ihrem Atem zurück."“
Hihihi.
In der Phase, die allgemein gerne zum Mittagsschlaf genutzt wird, ist so eine Entspannungsübung keine Förderung der Achtsamkeit. Ganz ehrlich nicht. Und dennoch war es eine absolute Wohltat.
Aus der Heimat erhalte ich lauter Nachrichten zu irgendwelchen Abschieden. Ein Betreuter darf seinem Wunsch nach Eigenständigkeit folgen, der BVB hat keinen Trainer mehr und auch im privaten Umfeld muss die Frage nach Abschied geklärt werden. So unterschiedlich können Abschiedsmitteilungen sein: die einen stimmen fröhlich, die anderen nimmt man, mit gemischten Gefühlen, zur Kenntnis und die letzten stimmen einen traurig.
Womit wir mal wieder bei der Lieblingsmusik von Tony Soprano wären: That`s life!
Bevor irgendwelche TV-Serien die Geschichte weitererzählen - hier gibt es die aktuellsten Infos!
Soundtrack zum Blog auf Spotify:
mit tony soprano in bad rothenfelde